Zyklus & Hormonspiegel

Gynäkologie - Kinderwunsch - Zyklus & Hormonspiegel

Der monatliche Zyklus:
In den fruchtbaren Jahren der Frau bewirken Hormone monatlich wiederkehrende zyklische Veränderungen im Körper. Ein Zyklus, er dauert im allgemeinen zwischen 24 und 34 Tage, beginnt am ersten Tag der Monatsblutung (=1. Zyklustag) und endet am Tag vor der nächsten Blutung. Mögliche Zyklusstörungen werden unter Menstruationsstörungen beschrieben. Der Zyklus lässt sich in zwei Phasen einteilen, in die Phase vom ersten Tag der Periode bis zum Eisprung und in die zweite Phase nach dem Eisprung bis zum Eintreten der nächsten Monatsblutung. In der ersten Phase reift die Eizelle heran, in der zweiten Phase wird die Gebärmutter auf das Einnisten eines Embryos vorbereitet. Nur während der Tage um den Eisprung herum ist die Frau fruchtbar und kann schwanger werden.

Hormone steuern die Fruchtbarkeit:
Der weibliche Zyklus wird in einem feinen Regelkreis gesteuert, an dem Hormone des Zwischenhirns (Hypothalamus), der Hirnanhangdrüse (Hypophyse) und der Eierstöcke beteiligt sind. Hormone sind Botenstoffe, die in Körperdrüsen gebildet und ins Blut ausgeschüttet werden. Über die Blutbahn zirkulieren sie dann im Körper und gelangen an ihre jeweiligen Wirkorte. Für die Geschlechtsreife und für die Fortpflanzungsvorgänge spielen folgende Hormone eine sehr wichtige Rolle: Das follikelstimulierende Hormon (FSH) bewirkt die Eireifung, das luteinisierende Hormon (LH) löst den Eisprung aus. Die heranreifenden Eibläschen (Follikel) produzieren das weibliche Geschlechtshormon Östrogen. Das wichtigste Östrogen ist das Estradiol. Östrogene sorgen dafür, dass sich die Gebärmutterschleimhaut aufbaut. In der zweiten Zyklusphase wird das Hormon Progesteron gebildet. Progesteron erhält die Gebärmutterschleimhaut. Die Hormone müssen fein abgestimmt zusammenspielen, damit eine Eizelle heranreifen, befruchtet werden und sich schließlich in der Gebärmutter einnisten kann. Äußere Einflüsse wie zu viel Stress, übermäßige körperliche Anstrengung und auch eine sehr ungesunde Ernährung können das sensible Gleichgewicht der Sexualhormone stören und die Fruchtbarkeit mindern. Mutet sich eine Frau körperlich oder seelisch zu viel zu, kann ihr Körper mit Unfruchtbarkeit reagieren. Er schützt sich dann quasi vor einer Schwangerschaft. Umgekehrt gilt: Wer dafür sorgt, dass er sich körperlich und seelisch wohl fühlt, kann dadurch seine Fruchtbarkeit verbessern.

Zyklische Veränderungen der Gebärmutterschleimhaut:
Nach der Menstruation ist die Schleimhaut in der Gebärmutter dünn. Unter dem Einfluss des Hormons Östrogen wächst in der ersten Zyklusphase eine gut durchblutete, nährstoffreiche Schleimhautschicht heran. Während der zweiten Zyklusphase sorgt dann das Hormon Progesteron für eine Auflockerung der Schleimhaut. Dadurch wird die Gebärmutterschleimhaut auf die Einnistung eines Embryos vorbereitet, es entsteht quasi ein "Nest". Bleibt die Eizelle unbefruchtet oder nistet sich eine befruchtete Eizelle nicht in der Gebärmutterschleimhaut ein, lösen sich die oberen Schichten ab. Die Menstruation setzt ein und schwemmt die abgelösten Schichten zusammen mit Blut aus der Gebärmutter hinaus. Im nächsten Zyklus baut sich die Schleimhaut wieder neu auf.

Schleim:
Die Drüsen des Gebärmutterhalses bilden einen Schleim, der als zäher Pfropf an den meisten Tagen im Zyklus den Muttermund verschließt. Spermien können den Schleimpfropf nicht durchdringen. Zum Eisprung hin verflüssigt sich der Schleim und wird nun für Spermien passierbar. Dieser nun fruchtbare Schleim bietet Samenzellen eine günstige Umgebung, in der sie einige Tage lebensfähig bleiben können. Auch der Muttermund öffnet sich eine wenig, so dass Spermien durch Gebärmutterhals und -höhle in die Eileiter gelangen können.

Der Eisprung:
In jedem Zyklus reifen unter dem Einfluss des FSH genannten Eibläschen stimulierenden Hormons der Hirnanhangdrüse einige Eibläschen (Primärfollikel) heran. Im allgemeinen entwickelt sich jedoch nur ein sprungbereites Eibläschen pro Zyklus. Das reife Eibläschen wird 20 bis 28 mm groß und ist mit einer Flüssigkeit gefüllt. Im Inneren des Eibläschens befindet sich die Eizelle. Ist die Eizelle genügend herangereift, bewirkt das luteinisierende Hormon (LH) die endgültige Ausreifung und löst den Eisprung aus: Das Eibläschen platzt auf und gibt die Eizelle frei. Der Eileiter legt sein trichterförmiges Ende über die Eizelle und sorgt dafür, dass sie in den Eileiter hineingespült wird. Im Eileiter kann die Eizelle von einer Samenzelle befruchtet werden.

Der Gelbkörper:
Der zurückgebliebene Follikel entwickelt sich zu einem rundlichen, gelben Körper, dem Gelbkörper. Dieser beginnt mit der Bildung des Hormons Progesteron. Eine Wirkung des Progesterons ist eine Veränderung der internen Thermoregulation, was ein bis zwei Tage nach dem Eisprung zu einem Anstieg der durchschnittlichen Körpertemperatur um ca. 0,2 °C führt. Das Hormon unterstützt die Einnistung einer befruchteten Eizelle in der Gebärmutter und erhält die Schwangerschaft in der Anfangszeit. Bleibt eine Schwangerschaft aus, wird der Gelbkörper nach einer relativ konstanten Dauer von etwa 14 Tagen seine Funktion einstellen und vom Körper wieder abgebaut. Es kommt zur Menstruationsblutung.

Spüren Frauen die Vorgänge in ihrem Körper?

Manche Frauen bemerken die inneren zyklischen Vorgänge kaum. Nur die Monatsblutung macht sie darauf aufmerksam, dass ein neuer Zyklus begonnen hat. Jede Frau empfindet die Menstruation anders. Besonders während der ersten Tage leiden manche Frauen unter einem Ziehen im Rücken oder unter Bauchschmerzen. Andere wiederum fühlen sich an "den Tagen" sogar besonders fit. Einige Frauen können einen bevorstehenden Eisprung spüren, und zwar als dumpfen oder ziehenden Schmerz in der linken oder rechten Seite des Unterleibs ein bis zwei Tage vor dem Ereignis. Man nennt dies auch Mittelschmerz. Neben körperlichen Anzeichen kennen viele Frauen auch Stimmungsschwankungen innerhalb des Zyklus. Häufig befindet sich die Frau während der ersten Zyklusphase in einem körperlichen und seelischen Hoch, das an den Tagen vor der Menstruation eher abfällt. Viele fühlen sich dann weniger leistungsfähig, sind reizbarer und angespannter als an den übrigen Tagen. Nach dem Einsetzen der Menstruation verschwinden die Beschwerden.

Natürliche Fruchtbarkeit optimieren:
Die Schwangerschaftsrate pro Zyklus beträgt auch bei gesunden Paaren altersabhängig maximal 20-30 %. Die Wahrscheinlichkeit einer Konzeption ist in den zwei Tagen vor und am Tag des Eisprungs am höchsten. Optimal für eine erfolgreiche Befruchtung der Eizelle ist ein Geschlechtsverkehr etwa 36-48 Stunden vor dem Eisprung. Dies liegt daran, dass Spermien im Genitaltrakt mit einer Lebensdauer von ca. 3-4 Tagen verbleiben, die Eizelle aber nur ein kurzes Zeitfenster von 4-6 Stunden für die Befruchtung hat.
Die American Society for Reproductive Medicine empfiehlt bei Kinderwunsch in den 6 Tagen bis zum zu erwartenden Eisprung jeden Tag bis jeden zweiten Tag Geschlechtsverkehr.

Wechseljahre:
Es ist nicht so, dass ab einem bestimmten Alter die Eierstockfunktion drastisch und kurzfristig eingeschränkt wird. Es handelt sich vielmehr um ein Kontinuum, welches mit etwa dreißig Lebensjahren beginnt. Die stetige Abnahme der Zahl der Eibläschen in den Eierstöcken führt zu einer Erhöhung des Grundtonus der FSH-Sekretion. Dies kann sich dann in einer verfrüht einsetzenden Reifung von Eibläschen niederschlagen, welche normalerweise erst in der späten Gelbkörperphase des vorangehenden Zyklus beginnt. Klinisch äußert sich diese sogenannte Lutealphaseninsuffizienz anfangs in einer Zyklusverkürzung, im fortgeschrittenen Stadium in einer Zyklusverlängerung.

Hormonspiegeluntersuchungen:
Die Ursache eines ausbleibenden Eintritts einer Schwangerschaft können Eireifungsstörungen unterschiedlichen Hintergrundes sein. In Frage kommen in erster Linie eine eingeschränkte Eierstockreserve, eine zentrale Regulationsstörung, ein erhöhter männlicher Hormonspiegel (Hyperandrogenämie), eine Hyperprolaktinämie und eine Schilddrüsenfunktionsstörung, daneben seltene weitere Störungen. Zur Überprüfung des Zyklusgeschehens eignen sich Hormonspiegeluntersuchungen. Das Ausmaß der Untersuchungen variiert je nachdem, ob eine relevante Zyklusstörung vorliegt oder nicht. Liegt ein regelmäßiger Zyklus zwischen 21 und 35 Tagen vor, ist eine Hormonstörung unwahrscheinlich. Dabei werden interzyklische Variationen von 5 Tagen als physiologisch angesehen.

Bei regelmäßigem Zyklus kann zwischen dem 2. und 5. Zyklustag eine Blutabnahme zur möglichen Bestimmung von Estradiol, FSH und TSH erfolgen. Man erwartet einen Estradiolspiegel zwischen 30 und 60 pg/ml und einen FSH-Spiegel um 4-6 mIE/ml. Ausdruck einer schon eingeschränkten Follikelreserve sind erhöhte Estradiolwerte auch bei noch im Referenzbereich gemessenem FSH. Bei fortgeschrittener Einschränkung der Eierstockfunktion sinken die Estradiolspiegel bei steigenden FSH-Werten.

Eine Faustregel für die Estradiolspiegel in den ersten 8 bis 10 Zyklustagen lautet: pro Zyklustag ca. 10 pg Estadiol:
3. Zyklustag ca. 30 pg/ml
5. Zyklustag ca. 50 pg/ml
7. Zyklustag ca. 70-80 pg/ml
9. Zyklustag ca. 90-110 pg/ml

13./14. Zyklustag (präovulatorisch): ca. 300 pg/ml

TSH ermöglicht den Ausschluss auch einer subklinischen Hypothyreose, wenn es < 2,5 mIE/l gemessen wird. Die eingeschränkte ovarielle Reserve im Anfangsstadium und die subklinische Hypothyreose sind klinisch nicht auffällig, verursachen keine Zyklusauffälligkeiten, sind jedoch relevant für die Fertilität.

Liegen relevante Zyklusstörungen vor, können auch Testosteron, DHEAS und Prolaktin bestimmt werden. Die Bestimmmung weiterer Androgene kann helfen, zwischen einer Hyperandrogenämie adrenalen und ovariellen Ursprungs zu unterscheiden. Cortisol kann bestimmt werden, wenn aus den Androgenbestimmungen der Verdacht auf eine adrenale Hyperandrogenämie erkennbar ist. Die Bestimmung von LH muss nur bei einer Amenorrhoe erfolgen. Gelegentlich wird ein Anti-Müller-Hormon (AMH) bestimmt. Die Bestimmung lässt hauptsächlich eine Prognose über die Stimulierbarkeit der Eierstöcke im Rahmen von Sterilitätsbehandlungen zu und sollte ≥1 liegen.

Die maximale Sekretionsleistung des Gelbkörpers ist etwa 6-7 Tage nach dem Eisprung erreicht, so dass erst zu diesem Zeitpunkt die Kontrolle von Estradiol und Progesteron aus einer Blutprobe zur Beurteilung der Funktion des Gelbkörpers sinnvoll sind. Der Nachweis von Progesteron oberhalb einer Grenze von 5 ng/ml setzt einen stattgehabten Eisprung voraus. Eine ausreichende Gelbkörperfunktion ist bei Progesteronspiegeln ab 5 ng/ml und Estradiolspiegeln von über 100 pg/ml anzunehmen. Es sei an dieser Stelle angemerkt, dass eine Schwäche des Gelbkörpers, die sogenannte Corpus-luteum-Insuffizienz, eher selten ist und vor allem klinisch durch Auffälligkeiten des Zyklusverlaufes mit Zwischenblutungen oder prämenstruellen Schmierblutungen diagnostiziert wird. Bei Vorliegen einer solchen Insuffizienz hilft die Gabe von Progesteron-Präparaten.

Der Verdacht auf eine vorzeitige sogenannte prämature ovarielle Insuffizienz, einen verfrühten Eintritt der Wechseljahre in einem Alter unter 40 Jahren, kann bei einem FSH über 40 mIE/ml gestellt werden.

Es kann davon ausgegangen werden, dass auf natürliche Weise keine Schwangerschaft mehr eintritt, wenn sich vor dem 50. Geburtstag zwei Jahre keine Menstruation mehr eingestellt hat, nach dem 50. Geburtstag reicht ein Ausbleiben der Menstruation über ein Jahr. Auch zweimalig bestätigte FSH-Spiegel über 30 mIE/ml im Abstand von 6 Wochen lassen eine schon eingetretene Unfruchtbarkeit vermuten, wenn mindestens zwei Wochen zuvor hormonelle Verhütungsmittel abgesetzt wurden.

Überblick über die mögliche Labordiagnostik in Abhängigkeit vom Krankheitsbild:
Symptomatik Labordiagnostik Vaginaler Ultraschall
Weiterführende Diagnostik
Hyperandrogenämie Oligo-Amenorrhoe,
Oligoovulation, klinische
Hyperandrogenämie, ggf.
Adipositas
Stufendiagnostik: FSH, LH, LH/FSH-
Quotient, E2,
Testosteron, SHBG,
DHEAS, AMH, gefolgt
von 17-OH-Progesteron,
Androstendion
PCO-typische Ovarien,
Endometrium-Beurteilung,
Ausschluss Ovarialzyste
HOMA-Index zum Ausschluss
einer Insulinresistenz
ACTH-Test und Genetik zum
Ausschluss AGS
Dexamethasonhemmtest bei
V.a. Hyperkortisolismus bei
ausgeprägter adrenaler
Hyperandrogenämie
Lutealphaseninsuffizienz Verkürzte zweite
Zyklushälfte (<12 Tage),
prämenstruelle
Schmierblutungen
LH, E2, Progesteron
sieben Tage nach
Ovulation (erniedrigt)
Ausschluss Ovarialzysten
Störung der Eizellreifung
Verkürzte oder
verlängerte Follikelphase,
Lutealphaseninsuffizienz,
Anovulation
Östradiolanstieg zu flach, erniedrigtes Progesteron mittluteal
Fehlende/verzögerte
Follikelreifung,
Endometrium <7 mm
Hyperprolaktinämie Oligo-Amenorrhoe,
möglicherweise
begleitend Hypothyreose
Prolaktin, TSH
MRT-Schädel zum Ausschluss
Hypophysenadenom
Hypogonadotrope/
hypotalamische
Ovarialinsuffizienz
Zyklusstörung,
Amenorrhoe,
häufig Untergewicht
FSH, LH, E2 niedrig,
AMH normal
Schmales Endometrium,
Ovarien mit normalem
Follikelbesatz
GnRH-Test zur Differenzierung
zwischen hypothalamischer und
hypophysärer Störung
Hypergonadotrope Ovarialinsuffizienz
Zyklusstörung, Amenorrhoe,
(z. T. klimakterische
Beschwerden)
FSH, LH erhöht, E2 und
AMH erniedrigt
Schmales Endometrium,
Ovarien mit niedrigem antralen Follikelcount (AFC)
FMR1-Prämutation bei V.a.
prämature Ovarialinsuffizienz

Exkurs: Bestimmt man in der Frühschwangerschaft bei unklarer Lokalisation der Fruchthöhle das Progesteron, dann spricht ein Wert oberhalb von 25 ng/ml mit fast 98-prozenziger Wahrscheinlichkeit für eine intakte Schwangerschaft in der Gebärmutter. Ein Wert unter 5 ng/ml spricht mit 99-prozentiger Wahrscheinlichkeit für eine gestörte Schwangerschaft.

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