Hashimoto-Thyreoiditis (Autoimmunthyreoiditis, Chronische lymphozytäre Thyreoiditis):Auf die Hashimoto-Thyreoiditis, eine entzündliche Veränderung der Schilddrüse, die mit einer Erhöhung der Antikörper gegen die thyreoidale Peroxidase (Anti-TPO-AK) einhergeht, wurde in den Kapiteln Schilddrüsenunter- sowie überfunktion ja schon eingegangen.
Es wird empfohlen, auch bei euthyreoten Frauen, also Frauen mit normalen Schilddrüsenhormonwerten ohne Medikation, und bekannten Antikörpern in der Schwangerschaft alle 4 bis 8 Wochen das TSH zu kontrollieren.
Im Zusammenhang mit der Entzündung spielen die
Selenproteine eine wichtige Rolle. Selen ist insbesondere in Fisch, Fleisch, Innereien, Nüssen, Sesam und Getreide enthalten. Das Spurenelement stellt einen sogenannten Radikalfänger dar. Im Laufe einer Schwangerschaft fallen die Selenspiegel um etwa 25 % ab, vermutlich deshalb, weil der Fet sich das Spurenelement von der Mutter holt. Schwangere mit Hashimoto-Thyreoiditis haben laut einer Studie bereits im ersten Schwangerschaftsdrittel erniedrigte Spiegel. Bei erniedrigten Selenkonzentrationen kann es zu einer Schädigung des Schilddrüsengewebes und zu einer Produktion von Anti-TPO-Antikörpern kommen. Umgekehrt kann eine
Nahrungsergänzung mit 200 µg Selen täglich, z. B. Cefasel 200 nutri Selen-Tabs®, morgens nüchtern zu einem Abfall dieser Antikörper führen. Die gleichzeitige Einnahme von Reduktionsmitteln, z. B. Vitamin C, sollte unterbleiben, da dann eine Ausfällung von elementarem Selen nicht auszuschließen ist. Es wird vermutet, dass ein Selenmangel zu einem Neuauftritt bzw. zu einer Verschlechterung einer Hashimoto-Thyreoiditis führt. Aus diesem Grunde ist bereits bei Frauen mit Kinderwunsch, spätestens jedoch nach Eintritt einer Schwangerschaft, nicht nur eine vorsorgliche tägliche Einnahme von Jod, sondern auch von Selen sinnvoll. Allerdings ist der Nutzen dieser Maßnahme nicht gesichert. Der Selenspiegel kann bei längerer Einnahme in größeren Abständen überprüft werden, um Überdosierungen mit möglichen negativen Folgen zu vermeiden. Erstes Anzeichen chronischer Überdosierung (beispielsweise 800 µg pro Tag) ist ein knoblauchartiger Atemgeruch. Als weitere Symptome werden z. B. Verdauungsstörungen, Kopfschmerzen, Haarausfall und Veränderungen an den Nerven beschrieben. Bei einer regelmäßigen Zufuhr von Selen wird eine Menge von 200 µg Selen täglich als ungefährlich angesehen.
Stillzeit:Wichtig ist die Fortsetzung einer Jodid-Supplementation auch in der Stillzeit, um die Versorgung des Neugeborenen sicherzustellen.
Schilddrüsenentzündung nach der Geburt (Post-partum-Thyreoiditis, PPT):An einer Schilddrüsenentzündung nach der Geburt, Post-partum-Thyreoiditis (PPTD) genannt, erkranken etwa sieben Prozent der Wöchnerinnen drei bis sechs Monate nach der Entbindung. Mögliche Symptome sind Müdigkeit, Leistungsabfall und Stimmungsschwankungen. Die Entzündung bleibt jedoch meist ohne klinische Symptome und verläuft selbstlimitierend. Mit einem Erkrankungsrisiko von 25 % sind Frauen mit
Typ-I-Diabetes
sowie jene, die
Anti-TPO-AK positiv
sind,
besonders gefährdet. Hier sind nach der Entbindung TSH-Kontrollen besonders sinnvoll, initial vier Wochen nach der Entbindung, danach alle drei Monate bis zu einem Jahr nach der Geburt.
Das Wiederholungsrisiko nach einer weiteren Schwangerschaft liegt bei etwa 70 %. Ursächlich liegt vermutlich eine Immunreaktion der Schilddrüse auf den Kontakt mit fetalen Zellen zugrunde.
Drei Verläufe lassen sich unterscheiden:
- Die alleinige vorübergehende Hyperthyreose
- Die vorübergehende Hypothyreose
- Die vorübergehende Hyperthyreose mit nachfolgender Hypothyreose.
Nach etwa einem Jahr haben fast alle Betroffenen wieder eine normale Schilddrüsenfunktion. Die Hyperthyreose bedarf keiner Behandlung, allerdings muss der Verlauf beobachtet werden. Symptomatische Patientinnen sollten eine Therapie mit Propanolol 3x 20-40 mg tgl. bis zum Abklingen der Symptome erhalten. Auch bei der Hypothyreose ist bei TSH-Werten von 4,5 bis 10 mU/l und Symptomfreiheit keine Behandlung notwendig. Das Risiko, nach einer PPTD einige Jahre später eine manifeste Hypothyreose zu entwickeln, beträgt etwa 50 %. Bei Frauen mit einer PPT in der Vorgeschichte werden daher jährliche Kontrollen des TSH-Spiegels empfohlen.
Früherkennungs-Untersuchung für Kinder:Die zweite Früherkennungs-Untersuchung für Kinder (U2) findet zwischen dem dritten und zehnten Lebenstag statt. Frauen, die ambulant entbunden haben, sollten entsprechend früh einen Termin mit ihrem Kinderarzt vereinbaren. Ein wichtiger Bestandteil dieser Untersuchung ist das Neugeborenen-Screening auf eine eventuelle Schilddrüsenunterfunktion. Eine frühzeitig behandelte Schilddrüsenunterfunktion bei Neugeborenen kann Entwicklungsverzögerungen, Behinderungen und Intelligenzdefizite verhindern!
Anhang:Schilddrüsenfunktionsstörungen, Kinderwunsch und Eierstockfunktion:
Bei der Schilddrüsenunterfunktion wird der Mangel an Schilddrüsenhormonen an das Gehirn zurückgemeldet. Es reagiert mit einem erhöhten hormonellen Stimulus eines Teils des Zwischenhirns, dem sogenannten Hypothalamus, wodurch wiederum eine vermehrte Ausschüttung von Hormonen der Hirnanhangdrüse (Hypophyse), nämlich TSH und auch Prolaktin, erfolgt. Letzteres Hormon wiederum beeinflusst andere Hormone der Hirnanhangdrüse. Es resultiert eine Hemmung des Eisprungs. Außerdem wird der Östrogenstoffwechsel beeinflusst und es kommt zu verlängerten Regelblutungen. Eine weitere Folge ist der Anstieg des Testosterons, so das verstärkte Behaarungen vom männlichen Typ bei den betroffenen Frauen beobachtet werden.
Eine Schilddrüsenüberfunktion führt über eine vermehrte Produktion von Östrogen zu einer Eierstockfunktionsstörung, somit Hemmung des Eisprungs und zu seltenen sowie schwachen Regelblutungen. Eine manifeste Hyperthyreose muss immer behandelt werden. Meist besteht auch bei latenter Hyperthyreose eine Therapieindikation. Primär wird ein medikamentöser konservativer Therapieversuch mit Thyreostatika über 12-15 Monate durchgeführt. Hierzu stehen Thiamazol, Carbimazol und Propylthiouracil zur Verfügung, dabei sollte man bei Frauen mit Kinderwunsch Propylthiouracil den Vorzug geben. Eine Operation oder Radiojodtherapie erfolgt bei Rezidiv der Erkrankung, wenn ein schnelleres Erreichen einer normalen Schilddrüsenfunktion erforderlich ist, oder wenn andere Gründe gegen eine primär medikamentöse Therapie sprechen. Bei manifester Hyperthyreose ist eine Jodidgabe kontraindiziert.
Weitere Thyreoiditiden (Entzündungen der Schilddrüse):
- Subakute granulomatöse Thyreoiditis (Thyreoiditis de Quervain): Differentialdiagnostisch kann bei entzündlichen Schilddrüsenveränderungen an eine subakute De-Quervain-Thyreoiditis gedacht werden. Diese äußert sich durch ein schweres Krankheitsgefühl, begleitet von Muskelschmerzen und subfebrilen Temperaturen. Die Schilddrüse schmerzt und ist druckempfindlich.
- Fibröse Thyreoiditis (Riedel): Hierbei handelt es sich um eine außerordentlich seltene, ursächlich unklare, chronische, schmerzhafte Schilddrüsenentzündung.
- Akute eitrige Thyreoiditis: Eine ebenfalls äußerst seltene Form der Thyreoiditis stellt die akute eitrige, schmerzhafte Schilddrüsenentzündung dar.
- Medikamentös induzierte Thyreoiditis: Einige Medikamente können eine destruktive Thyreoiditis verursachen. Unter den Erkrankungen, bei welchen diese Medikamente eingesetzt werden, kommt es in der Regel aber nicht zum Eintritt einer Schwangerschaft.