Arzneimittel

Schwangerschaft - Ratgeber & Tipps - Arzneimittel

Auch Schwangere müssen behandelt und gegebenenfalls krankheitsbedingte Auswirkungen auf den Embryo verhindert werden. Nicht selten geht das nur mit Medikamenten, die für Schwangere „kontraindiziert“ sind. Dies entspricht dann einem Off-Label-Use. Nach deutscher Rechtsprechung ist ein zulassungsüberschreitender Einsatz von Arzneimitteln dann nicht rechtswidrig, wenn das Medikament mit Gegenanzeige Schwangerschaft nach dem aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand hinreichend wirksam und unbedenklich ist und eine gleichwertige therapeutische Alternative nicht zur Verfügung steht. Die Unbedenklichkeit ist relativ zu verstehen, das heißt, es steht kein anderes wirksames Medikament zur Verfügung, das sicherer erscheint, und eine Nichtbehandlung wäre im Sinne einer Nutzen-Risiko-Abwägung riskanter.
Aktuelle Daten zur Veträglichkeit von Medikamenten in Schwangerschaft und Stillzeit können über spezialisierte Beratungszentren wie das Pharmakovigilanz- und Beratungszentrum für Embryonaltoxikologie Charité-Universitätsmedizin Berlin, Campus Virchow-Klinikum, Augustenburger Platz 1, 13351 Berlin, abgefragt werden.
Tel.: 030 / 450-525700
Fax: 030 / 450-525902
E-Mail: embryotox@charite.de
www.embryotox.de
Auswahl an Arzneimitteln, welche in Schwangerschaft und Stillzeit eingesetzt werden (Kenntnisstand 2015)
Indikation

Arzneimittel der Wahl

Allergien
  • Loratadin
  • Clemastin
  • Cetirizin
  • Chromoglicinsäure
  • Prednisolon
Asthma
  • inhalierbare Kortikosteroide, z.  B. Budesonid,
  • inhalierbare β-2-Sympathikomimetika, kurz wirksame: z.  B. Salbutamol, lang wirksame: Formoterol (nur zusammen mit einem Kortikosteroid)
Bakterielle Infektionen
  • Penicilline
  • Cephalosporine
  • Makrolide (Reservemedikation)
Chronisch entzündliche Darmerkrankungen
  • Mesalazin
  • Olsalazin
  • Sulfasalazin
  • Budesonid oral/rektal
  • Prednisolon
  • Azathioprin
Depression
  • Sertralin, Citalopram
  • Amitriptylin, Imipramin und Nortriptylin
Epilepsie
  • Lamotrigin
  • Levitiracetam
  • Gabapentin
Gastritis/Sodbrennen
  • Antazida, z. B. Magaldrat
  • bewährte H 2 -Blocker wie Ranitidin
  • Omeprazol
Glaukom
  • Timolol
  • Dorzolamid
  • Brinzolamid
Husten
  • Dextromethorphan
  • Codein, jeweils nur Einzeldosen
Hypertonie
  • α-Methyldopa
  • Metoprolol
  • Reserve: Nifedipin, Dihydralazin, nach dem 1. Trimenon auch Urapidil
Krätze (Skabies)
  • Permethrin
  • Reserve: Benzylbenzoat, Crotamiton
Läuse
  • Dimeticon
  • Kokosöl, Spülungen mit Essigwasser und Auskämmen
Migräne
  • siehe Schmerzen und ggf. auch Sumatriptan
Mukolytika
  • Acetylcystein, Ambroxol
Refluxösophagitis
  • Omeprazol
Schlafstörungen
  • Baldrian, Hopfen, Melisse
  • Diphenhydramin
  • Einzeldosen von Diazepam, Lorazepam, Zolpidem
Schmerzen
  • Paracetamol, ggf. in Einzeldosen auch mit Codein
  • Ibuprofen, Diclofenac (nur im 2. Drittel der Ss)
  • ggf. Tramadol (kurzfristig)
Übelkeit/Hyperemesis
  • Pyridoxin
  • Dimenhydrinat
  • Metoclopramid
Wurmerkrankung
  • Pyrviniumembonat
  • Mebendazol
  • Niclosamid (kritische Prüfung im 1. Trimenon)
Die wichtigsten Arzneimittel, deren teratogenes Potenzial nach Anwendung im
1. Trimenon erwiesen ist
Wirkstoff (Leit-)Symptome beim Neugeborenen,
beziehungsweise vorwiegend betroffene
Organsysteme
Unzweifelhaft starke Teratogene, bei Monotherapie Erhöhung des Risikos für
grobstrukturelle Fehlbildungen bis zum 10-fachen (30%)
Retinoide, systemisch (Acitretin,
Etretinat, Isoretinoin, Tretinoin)
Ohr, ZNS, Herz, Skelett
Thalidomid Extremitäten, multiple Fehlbildungen
Mycophenolat Ohren, Gaumen
Valproinsäure Neuralrohrdefekt (lumbale Spina bifida),
Herz, Gaumen, urogenitales System,
Extremitäten, Dysmorphien des Gesichts
Gesicherte Teratogene, bei Monotherapie Erhöhung des Risikos für
grobstrukturelle Fehlbildungen bis zum 3-fachen (10%)
Androgene Maskulinisierung
Carbamazepin Neuralrohrdefekt, Herz, Gaumen,
urogenitales System, Extremitäten,
Dysmorphien des Gesichts
Cumarinderivate (Phenprocoumon,
Warfarin)
Nase, Extremitäten
Cyclophosphamid multiple Fehlbildungen
Methotrexat (Risiko bei antirheumatischer
Dosierung geringer)
multiple Fehlbildungen
Misoprostol Möbius-Sequenz, Extremitäten
Penicilamin Cutis laxa
Phenobarbital/Primidon Herz, Gaumen, urogenitales System,
Extremitäten, Dysmorphien des Gesichts
Phenytoin Herz, Gaumen, urogenitales System,
Extremitäten, Dysmorphien des Gesichts
Topiramat Gaumen
Vitamin A (deutlich mehr als 25000 IE
Retinol/Tag)
wie Retinoide
Zytostatika (allgemein), substanz-
spezifische Beurteilung notwendig
multiple Fehlbildungen
Als sogenannte "schwache Teratogene" (Risiko 1:100 bis 1:1000 exponierter Feten)
werden diskutiert
Glukokortikoide (systemisch)
Gaumen
Lithium Herz (Ebstein-Anomalie, sehr selten)
Metamizol/Thiamazol/Carbimazol Choanalatresie, tracheo-ösophageale
Fisteln, Aplasia cutis
Trimethoprim/Cotrimoxazol Neuralrohrdefekt
Die wichtigsten fetotoxischen Arzneimittel mit Auswirkungen bei Anwendung
im 2./3. Trimenon
Wirkstoff (Leit-)Symptome beim Neugeborenen,
beziehungsweise vorwiegend betroffene
Organsysteme
Zentral wirksame Arzneimittel
Benzodiazepine (Langzeittherapie
oder sub partu)
Atemdepression, Anpassungsstörung,
Floppy-Infant-Syndrom
Lithium Floppy-Infant-Syndrom, Hypothyreose
Opioide/Opiate (langzeittherapie
oder sub partu)
Extremitäten, multiple Fehlbildungen
Psychopharmaka (allgemein)
Ohren, Gaumen
Valproinsäure Neuralrohrdefekt (lumbale Spina bifida),
Herz, Gaumen, urogenitales System,
Extremitäten, Dysmorphien des Gesichts
Andere
ACE-Hemmstoffe Nieren, Oligohydramnion, Anurie,
Gelenkkontrakturen, Schädelhypoplasie
Aminoglykoside (systemisch) Innenohr und Nieren
Amiodaron Hypothyreose
Androgene
Maskulinisierung
AT1-Antagonisten Nieren, Oligohydramnion, Anurie,
Gelenkkontrakturen, Schädelhypoplasie
Azathioprin
Knochenmarksdepression
Cumarinderivate (Phenprocoumon,
Warfarin)
Hirnblutung
Ergotamine (bei wehenbereitem Uterus) fetale Hypoplasie
Radiojod (in therapeutischer Dosis)
Schilddrüsenhypoplasie/-aplasie
Tetrazykline
(nach 15. Schwangerschaftswoche)
Gelbfärbung der Zähne
Thyreostatika Hypothyreose
Zytostatika (allgemein) Wachstumsstörungen,
Knochenmarksdepression
Sicherer Umgang mit Medikamenten in der Schwangerschaft
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