Darmkrebs, auch Kolorektales Karzinom (KRK) genannt, ist in Deutschland bei Frauen die zweithäufigste Krebserkrankung. Ziel einer Vorsorgedarmspiegelung (Präventivkoloskopie) ist die Entfernung von Adenomen, sogenannten Krebsvorläuferläsionen, die über meist viele Jahre zum invasiven Karzinom reifen können.
Rationale für die Altersbegrenzung der Darmkebsfrüherkennung ist, dass es ab dem 50. Lebensjahr zu einem sprunghaften Anstieg der Inzidenz des KRK kommt. eindeutig abgegrenzt werden müssen allerdings einzelne Risikogruppen (Chronisch entzündliche Darmerkrankungen, familiäre/genetische Belastung), für die andere, strengere Empfehlungen gelten.
Sichtbare Wucherungen der Schleimhaut, welche im Rahmen einer Darmspiegelung entfernt werden, bestehen aus sogenannten neoplastischen und nichtneoplastischen Polypen. Der Begriff Polyp ist dabei zunächst ein rein deskriptiver Terminus, der ein bestimmtes Wachstumsmuster beschreibt. Neoplastische Polypen tragen das Risiko der bösartigen Entartung und bedürfen somit der spezifischen Therapie und Nachsorge.
Nichtneoplastische Polypen sind zum Beispiel entzündliche Pseudopolypen, hmartöse Polypen, submuköse Polypen (meist Lipome) und mit leichten Einschränkungen hyperplastische Polypen.
In die Gruppe der neoplastischen Polypen fallen als größte Gruppe die
klassischen adenomatösen Polypen (klassische Adenome), welche histologisch weiter in tubuläre (70-80 % aller Adenome), villöse und tubulovillöse Adeome (zusammen ca. 20 % aller Adeome) unterteilt werden. Es finden sich definitionsgemäß zumindest low grade-intraepitheliale Neoplasien (LG-IE-NPL), mitunter aber auch high grade-intraepitheliale Neoplasien (HG-IE-NPL). Das Auftreten eines HG-IE-NPL oder eines Karzinoms korreliert dabei mit zunehmender villöser Architektur und Anzahl der simultan festgestellten Adenome. Die Inzidenz eines invasiven Karzinoms in einem Adenom kleiner 1 cm liegt zum Beispiel bei 1-2 %, wobei sie beim villösen Adenom größer 2 cm auf über 50 % ansteigt. Im Durchschnitt vergrößern diese Adenome ihr Volumen innerhalb von 2 Jahren.
Die zweite große, viel heterogenere und noch nicht abschließend definierte Gruppe der neoplastischen Polypen sind die
serratierten Polypen . Das neoplastische Potential dieser Gruppe ist sehr variabel. Es werden hyperplastische Polypen (HP), sessile serratierte Adenome/Polypen (SSA/P) mit und ohne Dysplasie sowie traditionell serratierte Adenome (TSA) unterschieden. Die größte Untergruppe ist zunächst die der hyperplastischen Polypen. Ca. 25-30 % aller entfernten Polypen gehören dieser Gruppe an und haben eine Prävalenz von 10-20 % in der Erwachsenenbevölkerug westlicher Länder. Es finden sich keine oder nur sehr diskrete Dysplasien. Lokalisiert sind sie meist im Rektosigmoid, kleiner als 5 mm und besitzen quasi kein malignes Potential. Zweifel bestehen bei Lage im proximalen Kolon. Sicher präkanzerös sind dagegen sessile serratierte Adenome. Sie machen ca. 20 % der serratierten Läsionen aus und sind meist im proximalen Kolon gelegen. Auch sicher präkanzerös sind traditionelle serratierte Adenome. Sie machen 1-6 % der serratierten Läsionen aus und sind im Rektosigmoid lokalisiert.
Nach Entfernung von Krebsvorläuferläsionen werden je nach Befund unterschiedliche Empfehlungen zur Nachsorge gegeben.
Deutsche Leitlinie 2013 | ESGE-Leitlinie 2013 | |
Keine Polypen | 10 Jahre | 10 Jahre |
Hyperplastische Polypen <1 cm | 10 Jahre | 10 Jahre |
1-2 Adenome <1 cm mit LG-IE-NPL | 5 Jahre | 10 Jahre |
3-10 Adenome | 3 Jahre | 3 Jahre |
1 Adenom ≥1 cm | 3 Jahre | 3 Jahre |
Villöse Architektur unabhängig von Größe/Anzahl | 3 Jahre | 3 Jahre |
Adenome mit HG-IE-NPL | 3 Jahre | 3 Jahre |
>10 Adenome | <3 Jahre | 3 Jahre |
SSA, TSA, gemischte Polypen unabhängig vom Grad der IE-NPL | 3 Jahre | Keine Empfehlung vorhanden |
Serratierte Polypen ohne Dysplasie <1 cm | Keine Empfehlung vorhanden | 10 Jahre |
Serratierte Polypen mit Dysplasie oder ≥1 cm oder TSA | Keine Empfehlung vorhanden | 3 Jahre |
Nach Abtragung großer, flacher oder sessiler Adenome in piecemeal-Technik | 2-6 Monate | ≤6 Monate |
Histologisch nicht bestätigte komplette Abtragung trotz makroskopisch kompletter Abtragung | 2-6 Monate | Keine Empfehlung vorhanden |
Nach unauffälliger Kontroll-Koloskopie | 5 Jahre | 5 Jahre |