Als Prämenstruelles Syndrom (PMS) bezeichnet man das zyklische Auftreten von körperlichen und psychischen/affektiven Symptomen, die in Abhängigkeit von ihrer Ausprägung in einige Lebenssituationen bzw. -befindlichkeiten eingreifen und in wiederkehrender und vorhersehbarer Verbindung zur Menstruationsblutung stehen. Auch wenn diese Symptome in der Art und Weise und ihrer Ausprägung von Patientin zu Patientin nicht übereinstimmen bzw. exakt gleich vorliegen müssen, ist der zeitliche Zusammenhang mit der zweiten Hälfte des Menstruationszyklus für das Syndrom kennzeichnend.
Prämenstruelle psychische und physische Veränderungen treten bei vielen Frauen auf, ohne dass sie zwangsläufig dem PMS zugeordnet werden müssen. Überwiegend leichte Formen des PMS findet man bei ca. 20 % aller Frauen. Es kommt am häufigsten zwischen dem 20. und 40. Lebensjahr vor und tritt fast ausschließlich während einer Gelbkörperphase (siehe
Zyklus & Hormonspiegel) nach einem stattgehabten Eisprung auf. In dieser Zyklushälfte wird das Gelbkörperhormon Progesteron produziert, während gleichzeitig die Östrogenausschüttung abfällt. Es wird vermehrt Wasser im Gewebe eingelagert.
Die Ursache des PMS ist unbekannt. Nach der am häufigsten vertretenen Hypothese kommt es zu veränderten zentralnervösen Regulationsvorgängen bzw. zu einer verstärkten neurobiologischen Reaktivität auf normale Estradiol- und Progesteronserumspiegel. Die normalen hormonalen Veränderungen nach dem Eisprung wirken als Trigger und führen zu einer Störung des serotonergen Systems. Serotonin und seine verschiedenen Rezeptoren stellen im Zentralnervensystem einen essenziellen Modulator für Stimmung und Befindlichkeit dar. Durch diese Störung wird nicht nur die Serotoninwirkung verringert, sondern auch die Empfindlichkeit des GABA-Benzodiazepin-Rezeptors und die Freisetzung von ß-Endorphin. Weitere Faktoren können einzeln oder gemeinsam zur Auslösung oder Verstärkung eines prämenstruellen Syndroms beitragen. Dazu gehören Störungen der Schilddrüse, der Genuss von Koffein oder Nikotin, Schlafstörungen, psychische Belastungen und ein Bewegungsmangel.
Die häufigsten
körperlichen Symptome
sind der geblähte Bauch, gefolgt von Brustspannen und Kopfschmerzen. Die häufigsten
affektiven Symptome
sind die Müdigkeit, gefolgt von Verwirrtheit, depressiver/launischer Stimmung und Vergesslichkeit.
Stehen überwiegend psychische Symptome in starker Ausprägung im Vordergrund, wird die Diagnose einer
prämenstruellen dysphorischen Störung
(PMDS) gestellt. Mindestens 3 % aller Frauen im gebärfähigen Alter sollen betroffen sein. Typisch sind Reizbarkeit, Anspannung und Affektlabilität mit der Tendenz zu unkontrollierten Wutausbrüchen, was häufig zu interpersonellen Konflikten führt. Am ehesten treten diese im familiären Umfeld auf. Im Einzelfall kommt es sogar zu fremdaggressiven Handlungen ("Türenknallen", tätliche Auseinandersetzungen mit dem Partner).
Entscheidend für die Zuordnung der Symptome zum PMS sind das Vorliegen von sowohl körperlichen als auch affektiven Symptomen, das
Vorhandensein im Zeitraum von mindestens 5 Tagen vor der Menstruation
an mindestens 3 aufeinander folgenden Zyklen sowie die
Symptomfreiheit nach der Menstruation
über mindestens 10 Tage. Diese Symptomfreiheit sollte über mindestens 3 Zyklen vorliegen.
Für Frauen mit mildem PMS bevorzugt man seit einigen Jahren eine "lifestyle"-verändernde und diätetische Therapie. Das
Vermeiden des Konsums von salzreichen Speisen, Alkohol, Schokolade und Koffein
soll in den letzten Tagen vor Einsetzen der Regelblutung zur Linderung der Beschwerden beitragen. Durch
Sport und Bewegung
wird das im Körper gelagerte Wasser schneller abtransportiert. Vor allem entspannende Sportarten in Sonne und frischer Luft wie Spaziergänge, Radfahren, Joggen oder Schwimmen wirken depressiven Zuständen entgegen, wenn sie über mindestens 20-30 Minuten dreimal wöchentlich betrieben werden. Auch Entspannungsübungen (autogenes Training, Massagen, Bäder, Yoga usw.) können das prämenstruelle Syndrom abschwächen. Weiterhin wirken ausgewogene Ernährung und ausreichender Schlaf mit einem regelmäßigen Schlafrhythmus den körperlichen Symptomen entgegen. Seelische Symptome werden ebenfalls oft durch die genannten "natürlichen" Therapien gebessert oder behoben. Diese Möglichkeiten können eine Verbesserung der Symptome bewirken, ohne wesentliche unerwünschte Nebenwirkungen hervorzurufen. Eine
pharmakologische Therapie
sollte begonnen werden, wenn diese Maßnahmen keine Besserung hervorrufen. In Frage kommen z. B.
- Vitamin B6, 100 mg tgl. in der 2. Zyklushälfte (z. B. Vitamin B6 Hevert®, 1 Tbl. tgl.),
- Bonasanit®plus, eine Kombination aus Pflanzenextrakten, Vitaminen, Spurenelementen und Coenzym Q 10,
- Keuschlammfrüchte
(Femicur®, 1 Kps. tgl. über mindestens 3 Monate),
- Antibabypillen mit dem Wirkstoff Drospirenon als Gestagen (20 µg Ethinylestradiol + 3 mg Drospirenon; 24/4, Velmari®) im Langzyklus in Kombination mit Vitamin B6,
- Psychopharmaka.
Fluoxetin
als Antidepressivum der Wahl beim PMDS sollte mindestens über 6 Monate eingenommen werden, 20 mg tgl. morgens zunächst durchgehend, später auch nur in der 2. Zyklushälfte. Es stammt aus der Gruppe der Serotonin-Wiederaufnahmehemmer. In 15 % der Fälle ist bei diesem Präparat mit Kopfschmerzen und Übelkeit als Nebenwirkungen zu rechnen, weshalb auch 10 mg als Anfangsdosierung in Erwägung gezogen werden können. Bei ausgeprägter PMDS-Symptomatik können prämenstruell auch 40 mg tgl. gegeben werden. Metoprolol sollte nicht gleichzeitig eingenommen werden.
Alternative Antidepressiva sind Citalopram, Escitalopram, Sertralin und Paroxetin.