Muskelknoten (Myome)

Gynäkologie - Gutartige Erkrankungen - Muskelknoten (Myome)

Myome sind Wucherungen, die in der Muskelschicht der Gebärmutter auftreten. Sie sind die häufigsten gutartigen Tumoren der Frau, 80 % aller Frauen haben Myome. Klinisch relevant werden uterine Myome bei etwa 25–30 % aller Frauen im Alter zwischen 30 und 50 Jahren.

Unter der Schleimhaut oder in der Gebärmutterhöhle gelegene Myome beeinträchtigen die Schleimhaut beziehungsweise dessen Funktion, beeinträchtigen die Kontraktilität der Gebärmutter und verursachen vor allem Blutungsstörungen im Sinne einer starken Blutung (Hypermenorrhö) und langen Blutung (Menorrhagie) bis hin zur Anämie.
Myome unter der Serosa oder gestielte Myome fallen eventuell durch Verdrängungssymptomatik oder durch störendes Fremdkörpergefühl mit Beeinträchtigungen bei Geschlechtsverkehr, Miktion oder beim Stuhlgang auf.

Bei Patientinnen mit mehreren Myomen oder einem Myom größer als 5 cm kann es in der Schwangerschaft zu folgenden Pathologien kommen:
  • erhöhte Rate an Frühgeburten
  • Lageanomalien des Kindes
  • erhöhte Sektiorate und erhöhte Rate an Blutungen nach der Geburt

Ein von der Fédération Internationale de Gynécologie et d´Obstrétique (FIGO) vorgeschlagenes System zur Einteilung gynäkologischer Tumoren findet sich in der Tabelle, welche modifiziert wurde. Sie stellt eine differenzierte, detaillierte und reproduzierbare Befundbeschreibung sicher.

Klassifikation von Myomen Definition

SM – submukös

0: gestielt ins Cavum uteri reichend

 

1: ˂ 50 % intramural

 

2: ≥ 50 % intramural

O – Other (Sonstige)

3: 100 % intramural mit Kontakt zum Endometrium

 

4: intramural

 

5: subserös ≥ 50 % intramural

 

6: subserös ˂ 50 % intramural

 

7: subserös, gestielt

 

8: Sonstige (z. B. ohne Beziehung zum Myometrium, intraligamentär, zervikal)

Hybridmyome (Kontakt zu Endometrium und Serosa)

Die Beschreibung erfolgt mit 2 Ziffern, die erste beschreibt die Beziehung zum Endometrium, die zweite die zur Serosa. Beispiel: 2-5: subserös und submukös, jeweils weniger als die Hälfte des Durchmessers ragt ins Cavum uteri, respektive in die Peritonealhöhle

Tabelle: FIGO-Klassifikation (modifiziert)

Therapeutische Möglichkeiten:
Generell sollen Patientinnen mit Myomen nur dann spezifisch behandelt werden, wenn die Myome Beschwerden verursachen, also spezifische Symptome vorliegen, unerfüllter Kinderwunsch besteht oder eine Schwangerschaft geplant ist und mehrere Myome oder ein Myom größer als 5 cm im Durchmesser vorhanden sind.

Medikamentöse Therapie:
Zur medikamentösen Therapie von Myomen stehen im Wesentlichen zwei Substanzklassen zur Verfügung, GnRH-Analoga und Selektive Progesteron-Rezeptor-Modulatoren (SPRM). Die Indikation zu einer medikamentösen Therapie ist lange primär die Behandlung vor einem operativen Eingriff gewesen. Eine Vorbehandlung mit GnRH-Analoga führt zwar zur Verkleinerung der Myome und zur Abnahme der Symptome, allerdings konnte dadurch weder eine Verbesserung der Resektabilität noch eine Verkürzung der Operationsdauer nachgewiesen werden. Unerwünschte Wirkungen waren vor allem Hitzewallungen.
Seit Februar 2012 ist der selektive Progesteron-Rezeptor-Modulator Ulipristalacetat (Esmya®) zur Therapie vor einer geplanten Operation zugelassen. Inzwischen ist die Zulassung auch für die langfristige Behandlung von Myomen zur Reduzierung ihrer Größe, zur Reduzierung oder zum Stoppen der Blutung und zur Erhöhung der Anzahl der roten Blutkörperchen erfolgt. Vorteil von Ulipristalacetat gegenüber GnRH-Analoga (Leuprorelinacetat) ist vor allem die geringere Nebenwirkungsrate. Als Nebenwirkungen sind Kopfschmerzen sowie schmerzempfindliche Brüste zu nennen. Zu den Kontraindikationen zählen eine stark eingeschränke Leber- oder Nierenfunktion und ein schweres durch orale Glukokortikoide nicht ausreichend kontrolliertes Asthma. Hervorzuheben ist besonders der schnelle Effekt auf die Blutungsstörungen. Eine Behandlung  erfolgt vorzugsweise mit mindestens zwei Therapieintervallen von je 12 Wochen mit einer Pause von ca. 2 Monaten bzw. zwei Abbruchblutungen zwischen den jeweiligen Behandlungsintervallen. Die Abstände zwischen dem zweiten und gegebenenfalls einem dritten oder vierten notwendigen Therapieintervall können in Abhängigkeit von der vorliegenden klinischen Symptomatik vergrößert und individuell gestaltet werden. Für Ulipristalacetat besteht bei der Therapie myombedingter Blutungsstörungen keine sichere kontrazeptive Wirkung.

Hinweis: Auf der Grundlage einer Empfehlung des Ausschusses für Risikobewertung im Bereich der Pharmakovigilanz (PRAC) hat die EU-Kommission am 25.03.2020 einen Durchführungsbeschluss erlassen und das vorläufige Ruhen für das zentral zugelassene Arzneimittel Esmya® angeordnet.

Geeignete Optionen stellen Barriere-Methoden, eine Kupferspirale (nach Ausschluss submuköser Myome) oder, nur in den therapiefreien Intervallen einsetzbar, Gestagenpillen dar. 

Organerhaltende Operation:
Eine mögliche Indikation zur Myomresektion oder Enukleation ist die nicht abgeschlossene Familienplanung der Patientin oder der Wunsch nach Organerhalt. Nach erfolgreicher Myomresektion oder Enukleation besteht keine generelle Empfehlung zur Entbindung per Sektio. Das Risiko der Uterusruptur nach Myomenukleation wird in der Literatur sehr unterschiedlich mit 1-10 % angegeben.

Hysterektomie (Gebärmutterentfernung):
Die Hysterektomie ist eine geeignete Methode zur Therapie des symptomatischen Uterus myomatosus oder bei uterinen Myomen nach abgeschlossener Familienplanung.
Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat auf gesetzlicher Grundlage nach § 27b SGB V ein Zweitmeinungsverfahren geregelt. Es handelt sich um ein freiwilliges Angebot. Mit dem Zweitmeiner können Sie nochmals die Notwendigkeit des empfohlenen Eingriffs besprechen und so etwaige Fragen oder Zweifel klären oder sich über alternative Behandlungsmöglichkeiten beraten lassen, mit denen eine Operation eventuell vermieden werden kann. Die Entscheidung, ob überhaupt ein Eingriff durchgeführt wird oder nicht, bleibt aber immer Ihre Entscheidung. Für ein Zweitmeinungsverfahren werden idealerweise alle bereits erhobenen Befunde, Untersuchungsergebnisse und Angaben zu eventuell schon erfolgten Behandlungen benötigt, die Ihnen der behandende Arzt ausstellen kann.
Patientenmerkblatt Zweitmeinungsverfahren
Embolisation der Arteria uterina (Gebärmutterarterie), Uterusarterienembolisation (UAE):
Die Embolisation der Arteria uterina stellt eine mögliche Alternative zur Hysterektomie dar, vor allem bei:
  • mehreren Myomen
  • sehr großen Myomen
  • Patientinnen mit eingeschränkter Operabilität und
  • Patientinnen mit mehrfachen Voroperationen im Bauchraum.
Sie geht mit einem höheren Risiko an unerwünschten Nebenwirkungen einher. Zu den spezifischen Risiken zählt die komplette Amenorrhö in 3,9 % der Fälle. Das Risiko einer subklinischen Verschlechterung der ovarialen Funktion wird besonders für Frauen über 45 Jahre vermutet. Eine Re-Interventionsrate beziehungsweise sekundäre Hysterektomierate von 30 % in einem Nachbeobachtungszeitraum von 5 Jahren wird beschrieben. Ein Gewebeabgang von Myommaterial kann noch Monate nach der Embolisation auftreten und mit Schmerzen, Fieber, Blutungen und übelriechendem Ausfluss verbunden sein. Die Embolisation der Arteria uterina ist nicht als Methode der Wahl im Rahmen der Behandlung von Kinderwunschpatientinnen geeignet.

MRT-gesteuerter hoch-fokussierter Ultraschall, MR-gestützte Thermoablation mit fokussiertem Ultraschall (MRgFUS):
Ob eine Therapie mit hoch-fokussiertem Ultraschall möglich ist, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Eingeschränkt wird die Erfolgsrate beziehungsweise Anwendbarkeit durch Faktoren wie zum Beispiel Perfusion des Myoms, Lokalisation und Größe des Myoms und Darmschlingen im Ultraschallfeld. Als Kontraindikationen gelten beispielsweise Hinterwandmyome, submuköse Myome, Myome mit einem Durchmesser über 8 cm, mehr als 5 Myome  oder eine nach hinten geneigte (retroflektierte) Gebärmutter. Mögliche Komplikationen sind Verbrennungen der Haut, Schmerzen, Übelkeit oder allergische Reaktionen. Stand 2019 ist das nächste Krankenhaus, welches diese Methode anbietet, das Marienhospital Bottrop.

Radiofrequenzablation:
Auch hier handelt es sich um eine schnittfreie, nicht-chirurgische Therapie. Die Behandlung erfolgt derzeit nur in ausgesuchten Krankenhäusern, z. B. im Evangelischen Krankenhaus Köln-Weyertal. Der behandelnde Arzt führt ein Therapiegerät, was aus einer Ultraschallsonde und einem dünnen Metallröhrchen besteht – durch die Scheide in die Gebärmutter. Durch die Ultraschallsonde an der Spitze des Therapiegerätes werden die Lage und Größe der Myome in der Gebärmutter bestimmt. Dann kann die eigentliche Therapie beginnen. Man aktiviert einen Mechanismus am Therapiegerät, bei dem sich kleine dünne Metalldrähte in das Myomgewebe hineinschieben. Diese Drähte haben die Form eines Fächers und verteilen gleichmäßig Energie in das Innere des Myomknotens. Durch diese Energie verödet das Myom-Gewebe, der Myomknoten ist damit in seinem Wachstum gehemmt und verkleinert sich im Zeitraum von 3-12 Monaten nach Abschluss des Eingriffs. Die durch die Myome meistens einhergehenden Blutungsstörungen lindern sich in ca. 2-3 Monaten nach dem Eingriff. Für die Therapie selbst inkl. der engmaschigen Nachsorge vor Ort rechnet man mit zwei Tagen Klinikaufenthalt. Für Frauen mit Kinderwunsch ist das Therapieverfahren noch nicht ausreichend erforscht.
Vorschlag von Prof. Dr. med. Matthias David, Charité - Universitätsmedizin Berlin
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