In Deutschland wartet etwa ein Drittel aller Paare länger als ein Jahr auf die Erfüllung ihres Kinderwunsches, etwa 3-6 % bleiben dauerhaft ungewollt kinderlos. Von
Sterilität spricht man, wenn nach ein bis zwei Jahren trotz regelmäßigen Geschlechtsverkehrs keine Schwangerschaft eintritt. Man geht davon aus, dass die Ursachen der Sterilität in 45 % der Fälle bei der Frau und in 45 % beim Mann zu finden sind. Bei einem Drittel der Paare haben beide Partner Fruchtbarkeitsstörungen. In etwa 10 % lässt sich mit den bislang verfügbaren Untersuchungsmethoden keine Ursache finden.
Die Fruchtbarkeit ist grundsätzlich
abhängig vom Alter. Während Frauen zwischen 19 und 24 Jahren eine Schwangerschaftsrate von 30 % pro Zyklus aufweisen, sinkt die Wahrscheinlichkeit auf 18 % pro Zyklus für 25- bis 33-Jährige und auf 13 % für Frauen zwischen 34 und 44 Jahren. Mit 45 bis 49 Jahren beträgt die jährliche Chance auf das Eintreten einer Schwangerschaft maximal noch 4 %. Ab 50 Jahre sind nur mehr Einzelfälle bekannt, wobei es sich praktisch immer um Mehrgebärende handelt.
Ernährung und Lebensstil sollten bei Kinderwunsch überprüft und ggf. umgestellt werden.
Ursachen für Sterilität:
Als Hauptursachen der Sterilität bei der Frau gelten Hormonstörungen (z. B.
PCO-Syndrom), gefolgt von Eileitererkrankungen (Eileiter unterbrochen, verklebt oder verengt, am häufigsten Folge von Entzündungen mit Chlamydien) und
Endometriose. Bei Männern stehen
Einschränkungen der Spermiogenese aufgrund nichthormoneller Ursachen an erster Stelle.
Diagnostik der Sterilität:
Je nach Alter der Patientin, Dauer des Kinderwunsches, bereits erfolgten diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen und den Bedürfnissen des Kinderwunschpaares kann eine Basisdiagnostik unterschiedlich rasch und ausführlich erfolgen. Sie umfasst die:
Vorgeschichte eines Paares
Liegt ein regelmäßiger Zyklus zwischen 21 und 35 Tagen vor, ist eine Hormonstörung unwahrscheinlich. Dabei werden interzyklische Variationen von 5 Tagen als physiologisch angesehen. Vor jeglichen weiterführenden invasiven diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen bei der Frau (in der Regel in Form einer Bauchspiegelung) sollte ein andrologischer Faktor ausgeschlossen werden. Die Untersuchung des Mannes einschließlich Ejakulatuntersuchung erfolgt in der Regel durch einen Urologen.
Therapie der Sterilität:
Bleibt die Diagnostik unauffällig, genügt häufig die Optimierung des Zeitpunkts des Geschlechtsverkehrs mittels Zyklusmonitoring. Ziel ist die
Ermittlung des Zeitpunkts des Eisprungs, der sogenannten Ovulation. Die Verwendung von Hormoncomputern (z. B. Clearblue-Fertilitätscomputer®, Persona®) ist hier die komfortabelste Lösung. Alternativ können auch Urin-Teststreifen zur qualitativen Bestimmung des luteinisierenden Hormons (LH) eingesetzt werden, welche sich verfärben, wenn das LH ansteigt. Der Eisprung ist 24-48 Stunden später zu erwarten.
Liegen
Myome vor, die die Gebärmutterschleimhaut imprimieren, oder besteht eine
Endometriose, sind in der Regel zunächst operative Eingriffe erforderlich.
Im Fall von Hormonstörungen, gesicherter Eileitererkrankung oder eingeschränkten Spermiogrammen muss häufig eine Behandlung in einem Kinderwunschzentrum (siehe: Weiterführende Links) erfolgen. Seit Inkrafttreten des Gesundheitsmodernisierungsgesetzes (GMG) Anfang 2004 werden die Behandlungskosten für Maßnahmen der künstlichen Befruchtung nur bei verheiraten Paaren zur Hälfte von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen.
Dabei gelten folgende Altersgrenzen: Ehefrau und Ehemann müssen vor Therapiebeginn das 25. Lebensjahr vollendet haben. Die Ehefrau darf bei Therapiebeginn das 40., der Mann das 50. Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Eine In Vitro Fertilisation (IVF) kostet im Fall der Kostenübernahme rund 1.500 Euro Eigenanteil, eine Intracytoplasmatische Spermieninjektion (ICSI) 1.700 Euro Eigenanteil, die intrauterine Insemination je nach Stimulation zwischen 130 und 500 Euro. Die Anzahl der mitfinanzierten Versuche ist limitiert.
Kinderwunsch von Frauen im Alter über 40:
Zur Einschätzung des Fertilitätspotenzials der Frau dienen neben der Erhebung der Vorgeschichte die laborchemische Bestimmung des Follikelstimulierenden Hormons (FSH) und des Anti-Müller-Hormons (AMH) sowie die sonographische Bestimmung des Antralen-Follikel-Counts (AFC). Das Potenzial des Mannes wird über ein Spermiogramm untersucht. Schlechte Ergebnisse sind immer mit Vorsicht zu interpretieren, Schwangerschaften können in Einzelfällen trotzdem noch eintreten.
Der
FSH -Wert wird zwischen dem 3. und 5. Tag des Menstruationszyklus im Blut gemessen. Mit fortschreitendem Alter erschöpfen die Follikel der Eizellen zunehmend, und das Gehirn muss mehr FSH ausschütten, um den Eisprung auszulösen. Ein FSH-Wert unter 10 gilt als optimal. Bei einem FSH-Wert über 10 sollten reproduktionsmedizinische Maßnahmen ergriffen werden. Ein FSH-Wert über 20 zeigt an, dass der Eizellenvorrat weitgehend erschöpft ist.
Vereinfacht ausgedrückt handelt es sich bei
AMH um einen Wert, der von Zellen produziert wird, die die Eizellen unterstützen. Ein AMH-Wert von 1 oder höher ist gut. Bei einem AMH von unter 0,44 wird meist keine künstliche Befruchtung mehr angeboten.
Die Bestimmung des
AFC erfolgt durch eine Ultraschalluntersuchung und Ermittlung der Anzahl der kleinen sichtbaren Eibläschen (Follikel), in beiden Eierstöcken zusammen gezählt. Die antralen Follikel sind definiert durch ihre Größe <10 mm im Durchmesser, gemessen via transvaginaler Sonographie in der frühen Follikelphase. Ab einem AFC über 13 kann von einem guten Potenzial der Eierstöcke ausgegangen werden. Weniger als neun Follikel <10 mm in beiden Eierstöcken zusammen zeigen eine verminderte Fruchtbarkeitsreserve an.
Nach den Daten zur
Ovulationsinduktion mit Clomifen liegt die Schwangerschaftsrate pro Behandlungszyklus in der Gruppe der Frauen im Alter 40+ in der Größenordnung von 4-6 %. Darüber hinaus muss berücksichtigt werden, dass die Fehlgeburtswahrscheinlichkeit ca. 40-50 % beträgt, so das die Ovulationsinduktion mit einer Lebendgeburt-Wahrscheinlichkeit von 2-3 % pro Behandlung einhergeht.
Die Vornahme einer künstlichen Befruchtung führt nach den Daten des Deutschen IVF-Registers bei Frauen im Alter 40+ zu Schwangerschaftsraten in der Größenordnung von etwa 15 % pro Zyklus. Auch diesbezüglich ist allerdings die altersspezifische Fehlgeburtsrate von 40-50 % zu berücksichtigen, sodass Lebendgeburt-Raten von weniger als 10 % pro Behandlung resultieren.
Alter (Jahre) | Geschätzte Wahrscheinlichkeit einer Geburt in % |
45 | 12 |
46 | 6 |
47 | 3 |
48 | 1,8 |
49 | 1 |
50 | 0,5 |