Über 90% aller Mädchen mit angeborenen Herzfehlern erreichen heute bei guter Lebensqualität das reproduktive Alter und nicht wenige dieser Betroffenen möchten dann auch Kinder bekommen.
Die WHO hat eine orientierende Risikoklassifikation für Schwangerschaftsrisiken bei Patientinnen mit angeborenen Herzvitien publiziert:
Niedriges Risiko (WHO Risikoklasse I):
- Zustand nach biologischen Herzklappenersatz bei regelrechter Klappen -und Ventrikelfunktion
- Leichte Pulmonalklappenstenose
- Asymptomatische Aorten- und Mitralklappeninsuffizienz bei regelrechter Ventrikelfunktion
Mittleres Risiko (WHO Risikoklasse II):
- Zustand nach erfolgreicher OP einer Aortenisthmusstenose ohne Aneurysma oder Restenose
- Univentrikuläres Herz (z. B. Fontan-Hämodynamik) mit regelrechter Ventrikelfunktion
- Höhergradige Pulmonalklappenstenose
- Marfan-Syndrom ohne Erweiterung der Aortenwurzel
- Erfolgreich operierte Fallot-Tetralogie ohne Residuen (z. B. relevante Pulmonalklappen-insuffizienz), ohne rechtsventrikuläre Dysfunktion
- Linke-Rechts-Shunt ohne pulmonal-arterielle Hypertonie (z. B. bei Vorhof- oder Ventrikel-septumdefekt)
- Morphologisch rechter System-Ventrikel (z. B. bei kongenital korrigierter Transposition der großen Gefäße, Transposition der großen Gefäße nach Vorhofumkehr) mit regelrechter Funktion
Hohes Risiko (WHO Risikoklasse III):
- Morphologisch rechter System-Ventrikel (z. B. bei kongenital korrigierter Transposition der großen Gefäße, Transposition der großen Gefäße nach Vorhofumkehr) mit eingeschränkter Funktion
- Univentrikuläres Herz (z. B. Fontan-Hämodynamik) mit eingeschränkter Ventrikelfunktion
- Marfan-Syndrom mit Erweiterung der Aortenwurzel
- Sonstige komplexe Herzfehler
Sehr hohes Risiko (WHO Risikoklasse IV):
- Hochgradige symptomatische Aorten- oder Mitralklappenstenose
- Aortenektasie/-aneurysma (>50 mm) bei bikuspidaler Aortenklappe
- Eisenmenger-Syndrom
- Schwere native Aortenisthmusstenose
- Eingeschränkte Ventrikelfunktion bei Herzfehler (NYHA III-IV bzw. linksventrikuläre Ejektionsfraktion <30%)
Abhängig von der zugrunde liegenden Diagnose und dem Funktionsstatus werden Schwangerschaft und Geburt bei adäquater geburtshilflicher und kardiologischer Führung von vielen Frauen mit angeborenen Herzfehlern gut toleriert. Es gibt allerdings auch Kontraindikationen für eine geplante Schwangerschaft, vor allem die WHO Risikoklasse IV.
Allgemeine Empfehlungen beinhalten, dass die Schwangere entsprechend der kardialen Funktion Inaktivität, aber auch überproportional starke körperliche Anstrengungen vermeiden sollte. Zur Vermeidung einer Vena-cava-Kompression sollte beim Schlafen in der zweiten Schwanger-schaftshälfte eine Linksseitenlage bevorzugt werden. Da eine zusätzliche Herzfrequenzerhöhung zur Verschlechterung der Hämodynamik führen kann, sollte eine Anämie unter 11,5 g/dl frühzeitig ausgeglichen werden. Ein
Ersttrimester-Screening
und ein
Organultraschall
sind immer indiziert. Da Kinder von Frauen mit angeborenen Herzfehlern ein erhöhtes Risiko für eine
Wachstumsverzögerung
im Mutterleib aufweisen, ist vor allem im Verlauf des letzten Schwangerschaftsdrittels eine regelmäßige Biometrie, ggf. mit ergänzenden Doppleruntersuchungen, zu empfehlen. Regelmäßige kardiologische Untersuchungen, mindestens einmal pro Schwangerschaftsdrittel, sind erforderlich, um die schwangerschaftsbedingten Umstellungsreaktionen zu verfolgen und ggf. einzugreifen. Besonders die Zeit zwischen der 20. und 32. Schwangerschaftswoche ist wegen der rapiden Anpassungen im kardiovaskulären System von Bedeutung und kann als eine Art Belastungstest für die restliche Schwangerschaft und Geburt angesehen werden.
Link:Herzerkrankungen in der Schwangerschaft
- Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie