Depression

Schwangerschaft - Erkrankungen - Depression

Mit einer Häufigkeit von 18,4 % in der Schwangerschaft und 19,2 % in den ersten 3 Monaten nach der Geburt sind Depressionen die häufigsten Erkrankungen in diesen Lebensphasen. Sie sind verbunden mit erhöhtem Frühgeburtsrisiko und geringerem Geburtsgewicht. Langfristig werden bei den Kindern beeinträchtigte kognitive oder emotionale Fähigkeiten beobachtet.

Als Risikofaktoren gelten depressive Vorerkrankung, mangelnde partnerschaftliche wie soziale Unterstützung und belastende Lebensereignisse.

Hauptsymptome sind gedrückte, depressive Stimmung, Interessenverlust, Freudlosigkeit, Antriebsmangel und erhöhte Ermüdbarkeit. Einige Symptome können natürlich auch andere Ursachen wie eine Anämie, Schlafentzug, eine Schilddrüsenfunktionsstörung oder eine Trauerreaktion haben. Nach der Geburt können weitere Symptome auftreten, zum Beispiel Stillprobleme, Zwangsgedanken, -impulse, das Kind betreffend, ambivalente Gefühle, Gefühlslosigkeit gegenüber dem Kind, Versagensängste oder Insuffizienzgefühle als Mutter.

Abzugrenzen ist die postpartale (nach der Geburt) Depression gegenüber dem innerhalb von zehn Tagen nach der Geburt bei 50-80 % der jungen Mütter anzutreffenden Baby Blues und der mit 0,1-0,2 % selten auftretenden postpartalen Psychose. Diese ist gekennzeichnet durch Wahnvorstellungen, Gedankenlautwerden/-entzug, Stimmenhören und andere Halluzinationen, die meist innerhalb der ersten beiden Wochen nach Entbindung auftreten. Bei Frauen mit einer bipolaren Vorerkrankung ist die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten einer postpartalen Psychose auf 25-50 % erhöht. Generell gilt: Frauen mit psychiatrischer Vorerkrankung sollten bereits in der Schwangerschaft engmaschigen Kontakt zu ihrem behandelnden Arzt suchen.

Eine Depression kann psychotherapeutisch wie psychopharmakologisch effektiv behandelt werden. In der Schwangerschaft und Stillzeit gibt es einige Besonderheiten bei einer antidepressiven Psychopharmakotherapie zu beachten:

Schwangerschaft:
  • Selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI): Sertralin bei Neueinstellung im Hinblick auf Stillwunsch empfohlen, sonst auch Citalopram (maximale Tagesdosis 40 mg); Paroxetin vermeiden, bei bestehender Einnahme fetale Echokardiographie empfohlen
  • Trizyklische Antidepressiva (TCA): Amitriptylin, Nortriptylin und Imipramin mit geringstem bekannten Risiko (allerdings Überdosierungsrisiko und schlechtere Handhabbarkeit der TCA im Vergleich zu den SSRI)
  • Lithium: Einnahme in der Schwangerschaft nicht zu empfehlen
  • Generell: Absetzen oder Medikationswechsel bei gut eingestellter Patientin möglichst vermeiden (Ausnahme: Valproat)
Stillzeit:
  • Stillen grundsätzlich mit antidepressiver Medikation vereinbar
  • Meist nur geringe bis nicht messbare Plasmakonzentrationen bei den Säuglingen (Ausname: Fluoxetin, Citalopram, Venlafaxin und Escitalopram)
  • Nebenwirkungen bei Säuglingen vor allem unter Fluoxetin und Venlafaxin bekannt
  • Vorsicht bei Frühgeborenen, geringem Körpergewicht oder Erkrankung des Kindes (verminderte metabolische Fähigkeit)
  • Spiegelkontrollen bei Säuglingen in der Regel nicht nötig
  • Keine Empfehlung eines zeitlichen Abstandes zwischen Einnahme und Stillen
  • Lithium: Stillen im Einzelfall möglich (Vorsicht bei drohender Dehydration des Säuglings)
  • Generell: Zurückhaltung bei Substanzen mit geringer Datengrundlage wie Fluvoxamin, Venlafaxin, Duloxetin, Bupropion, Mirtazapin und Reboxetin

Leider sind schnelle psychotherapeutische Hilfen nur selten schnell verfügbar. Erste Unterstützung bieten vielerorts auch die Schwangerenberatungsstellen.

Ein Routine-Screening ist beim jeweils ersten Kontakt in der Schwangerschaft und im Wochenbett vier bis sechs Wochen nach der Entbindung möglich durch die Anwendung zweier Fragen:

Fühlten Sie sich im letzten Monat häufiger niedergeschlagen, traurig, bedrückt oder hoffnungslos?

Hatten Sie im letzten Monat deutlich weniger Lust und Freude an Dingen, die Sie sonst gerne tun?

Wenn beide Fragen mit "Ja" beantwortet werden, ist eine weiterführende Abklärung sinnvoll. beispielsweise kann ein Selbst-Screeningfragebogen ausgehändigt werden.
Deutschsprachige Version der Edinburgh Postnatal Depression Scale
Bei Bedarf und Verdacht kann an den Hausarzt beziehungsweise einen nervenärztlich tätigen Arzt verwiesen werden.

Sehr wichtig ist auch ein guter Nachtschlaf. Hier stehen schlafhygienische Maßnahmen ganz im Vordergrund. Wenn diese nicht ausreichen, darf auch in der Schwangerschaft und Stillzeit das Antihistaminikum Diphenhydramin gegeben weren oder aber das sedierende Neuroleptikum Quetiapin, evtl. auch das ebenfalls sedierende Antidepressivum Amitriptylin. Andere Schlafmittel sollten vermieden werden.

Kontaktadressen in Aachen:
Barbara Bohnen-Böhm, Ärztin mit Weiterbildung in psychoanalytisch-systemischer Familien- Paar- und Sexualberatung bei pro familia in Aachen
Carina Deckers, Psychologische Psychotherapeutin, tätig in einer Praxisgemeinschaft für Psychotherapie in Aachen

Links:
Bündnisse gegen Depression - Deutsche Depressionshilfe
Selbsthilfegruppe Schatten und Licht e.V. - Initiative peripartale psychische Erkrankungen
Marcé Gesellschaft für Peripartale Psychische Erkrankungen e.V. - deutschsprachige Sektion der ‚International Marcé Society for Psychaitric Disorders of Childbearing‘
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