Der tierische Einzeller Toxoplasma gondii ist der Erreger der weltweit verbreiteten Toxoplasmose. Hauptwirt ist die Katze. Die Durchseuchungsrate der Hauskatzen in Deutschland liegt bei knapp 60 %.
Zwar kann eine infizierte Katze nur einmal in ihrem Leben über 14 Tage Erreger mit dem Kot ausscheiden, dann aber pro Tag 10 Millionen, die dann über Jahre überleben können. Durch Nahrungsaufnahme wird Toxoplasma auf andere Tiere und den Menschen übertragen. Infektionsmöglichkeiten liegen somit im Verzehr von erregerhaltigem, ungenügend erhitzten rohen Fleisch oder durch Katzenkot verunreinigten Lebensmitteln wie Obst, Salat und Gemüse.
Die Durchseuchungsrate bei schwangeren Frauen zwischen 18 und 29 Jahren in Deutschland beträgt schätzungsweise 20 %. Diese besitzen einen Immunschutz für das ungeborene Kind. Aufgrund eines nahezu linearen Anstiegs von 1 % pro Jahr liegt die Durchseuchungsrate bei Senioren zwischen 70 und 79 Jahren dann bei 77 %. Die Anzahl an Neuerkrankungen in der Schwangerschaft wird in Deutschland auf etwa 0,7 % geschätzt, was ca. 1200 vor der Geburt infizierten Neugeborenen im Jahr entsprechen würde, und soll um ein Vielfaches höher sein als die Meldedaten des Robert-Koch-Institutes, wo nur nachweislich erkrankte Neugeborene erfasst werden. 80-90 % der infizierten Kinder zeigen jedoch erst einen symptomlosen Verlauf, bevor nach Monaten oder Jahren Intelligenzdefekte und Krampfanfälle auffallen. Eine frische Infektion der werdenden Mutter verläuft in der Regel auch symptomlos, sie lässt sich nur mittels Blutuntersuchung nachweisen.
Diese kann heute mit Hilfe von zuverlässigen Antikörpersuchtests durchgeführt werden, da in Deutschland seit 1993 alle Reagenzien für die Toxoplasmosediagnostik der Zulassungspflicht durch das Paul-Ehrlich-Institut unterliegen.
Mit zunehmendem Schwangerschaftsalter nimmt die Wahrscheinlichkeit einer Übertragung der Infektion auf die Frucht zu, die Schwere des Krankheitsbildes beim Ungeborenen aber ab. Die Zeitspanne zwischen der Ansteckung und dem möglichen Auftreten von Krankheitszeichen beträgt 2-3 Wochen.
Im 1. Schwangerschaftsdrittel kommt es in etwa 15 % der Fälle zu einer Erkrankung des Embryos, dann mit schwerster Schädigung oder Fehlgeburt als Folgen. Eine Erkrankung des Feten im 2. oder 3. Schwangerschaftsdrittel erfolgt in 44 bzw. 71 % der Fälle. In etwa 5 % der Fälle treten beim Neugeborenen ein
Wasserkopf, Verkalkungen im Gehirn mit nachfolgenden Hirnschäden und Entzündungen der Augen
auf (die klasssische Trias). In 10 % der Fälle werden Krankheitsbilder mit Zeichen einer stark ausgeprägten Entzündung (Fieber, Leber- und Milzvergrößerungen, Lymphknotenschwellungen, Anämie, Gelbsucht) beobachtet.
Zum Ausschluss einer fetalen Infektion bei verdächtigen Ultraschallbefunden (erweiterte Hirnwasserräume, echoreiche Veränderungen von Gehirn und Leber, Bauchwasser) kann ab der 18. Schwangerschaftswoche nach Toxoplasmose-Erbgut im Fruchtwasser gefahndet werden, eventuell ergänzt durch den Nachweis erregerspzifischer Antikörper im fetalen Blut ab der 22. Schwangerschaftswoche. Bei negativem Befund und mindestens 4 Wochen zurückliegener Infektion ist eine fetale Toxoplasmose unwahrscheinlich.
Vorbeugung:Eine Schwangere sollte nur gut gekochtes / gebratenes Fleisch verzehren, also z. B. auf Gehacktes, Teewurst und luftgetrocknete Salami verzichten. Sie sollte Gemüse, Obst und Salat gut waschen, Handschuhe tragen bei Gartenarbeit und ihre Hände nach Garten- und Küchenarbeit ebenfalls gründlich reinigen.
Eine Katze in der Umgebung muß nicht entfernt werden, aber sie sollte nur Dosen- oder Trockenfutter bekommen und der Katzenkotkasten sollte mit 70 °C heißem Wasser gesäubert werden, jedoch nicht von der Schwangeren.
Vorgehen in der Schwangerschaft:Wird eine akute Infektion vermutet, sollte eine Laboruntersuchung erfolgen. Bei Nachweis von hohen IgM- und niedrigen IgG-Antikörpertitern besteht der Verdacht auf eine akute Toxoplasmose, der durch einen signifikanten Anstieg von IgG-Antikörpern und auch gegebenenfalls IgA-Antikörpern in einer nach zwei bis drei Wochen zu erfolgenden Kontrolluntersuchung bestätigt werden kann. Hinweise auf den Infektionszeitpunkt kann die Messung der Avidität (Bindungsstärke) von IgG-Antikörpern geben. Da die Bindungsstärke im Verlauf der Immunantwort zunimmt, kann der Nachweis von hoch-aviden IgG-Antikörpern auch bei schwach positivem IgM-Befund in der Regel eine akute Erstinfektion ausschließen.
Bei Erstinfektion der Mutter in der Schwangerschaft wird eine medikamentöse Behandlung durchgeführt, welche in Abhängigkeit vom Zeitpunkt der Behandlung und der somit einsetzbaren Antibiotika die fetale Infektions- und Schädigungsrate um etwa die Hälfte beziehungsweise bis zu 90 % senken. Die Behandlung sollte innerhalb von 8 Wochen nach Infektion erfolgen um zu wirken. Bis zur 16. Schwangerschaftswoche steht Spiramycin zur Verfügung, danach die Kombination aus Pyrimethamin und Sulfadiazin. Unter dieser Kombinationstherapie wird zusätzlich Folinsäure gegeben und Folsäure abgesetzt. Wöchentlich sollten ein großes Blutbild und die Leberwerte kontrolliert werden. Dieses Regime wird ohne Nachweis einer fetalen Infektion über mindestens vier Wochen verabreicht. Nur bei auffälligem Ultraschallbefund und/oder Nachweis einer fetalen Infektion bzw. mütterlicher Infektion im letzten Schwangerschaftsdrittel wird die Kombinationstherapie bis zur Geburt durchgeführt.
Bei sonographischen Auffälligkeiten des Feten und Nachweis einer Infektion muß mit den werdenden Eltern des Kindes allerdings auch die Möglichkeit des Schwangerschaftsabbruchs besprochen werden.
Kosten:Aufgrund der Häufigkeit dieser Erkrankung und bestehenden Möglichkeiten der Behandlung sollte bei allen Schwangeren laut
Empfehlung des Berliner Robert-Koch-Instituts
die Untersuchung auf Toxoplasmose in den Mutterschafts-Richtlinien verankert werden. Dieser Empfehlung ist aber bislang nicht gefolgt worden. Die Krankenkassen erstatten die Kosten für eine Überprüfung der Immunitätslage auf diesen Erreger nur bei Krankheitsverdacht. Das Robert-Koch-Institut empfiehlt eine Überprüfung der Immunitätslage aller Schwangeren möglichst schon vor, zumindest aber sobald wie möglich in der Frühschwangerschaft. Schwangere ohne Immunschutz sollten danach alle 8 Wochen bis zur 32. Schwangerschaftswoche kontrolliert werden. Nach dieser Schwangerschaftswoche sind bei seronegativen Frauen in der Regel keine weiteren Kontrollen mehr erforderlich.