Tritt während der Schwangerschaft Juckreiz auf, steckt am häufigsten eine atopische Schwangerschaftsdermatose dahinter. Sie macht etwa die Hälfte der juckenden Dermatosen aus. Klinisch kommt es zu j
uckenden ekzematösen und/oder papulösen Hautveränderungen. Im Gegensatz zu den übrigen Schwangerschaftsdermatosen manifestiert sie sich meist deutlich früher, bei 75 % der Frauen
bereits vor dem letzten Schwangerschaftsdrittel.Bei 20 % handelt es sich um die Verschlimmerung einer bestehenden atopischen Dermatitis. Zwei Drittel der Patientinnen entwickeln ein flächiges Ekzem, das die klassischen atopischen Hautbereiche befällt: Gesicht, Hals, Dekolleté und die Beugeseiten der Extremitäten. Bei einem Drittel finden sich papulöse Hautveränderungen. Sie imponieren als verteilte kleine Papeln an Stamm und Extremitäten oder Kratzspuren insbesondere an den Streckseiten der Extremitäten. Auffällig ist auch die
ausgeprägt trockene Haut.
Die Therapie stützt sich auf milde topische Glukokortikoide wie Hydrocortisonacetat oder Methylprednisolonaceponat (z. B. Advantan® 0,1% Creme) und rückfettende Basistherapeutika. Harnstoff und juckreizlindernde Substanzen wie Polidocanol (z. B. Optiderm Fettcreme®, Polaneth Lotion®) gelten auch in der Schwangerschaft als sicher. Bei schweren Fällen können kurzfristig systemische Glukokortikoide (Prednisolon) oder Antihistaminika eingesetzt werden.
Intrahepatische Schwangerchaftscholestase (intrahepatic cholestasis of pregnancy, ICP):Die ICP ist eine hormonell getriggerte, reversible Cholestase, die sich meistens erst in der Spätschwangerschaft manifestiert. Es liegt eine gestörte Gallensäureexkretion zugrunde, die die Gallensäuren im Blut ansteigen lässt. Zusätzlich können Östrogen- und Progesteronmetabiliten, die in der Spätschwangerschaft ihre Maximalwerte erreichen, selbst cholestatisch wirken. Klinisch manifestiert sich die ICP, anders als die übrigen Dermatosen,
ausschließlich
mit
Juckreiz
am ganzen Körper. Erst sekundär kommt es durch Kratzen zu Hautveränderungen. Die Streckseiten von Armen und Beinen sind am meisten betroffen. Eine Gelbsucht tritt nur bei 10 % der Patientinnen auf. Sie leiden gleichzeitig auch an einer extrahepatischen Cholestase mit
erhöhten Bilirubinspiegeln. Bei ihnen ist das Risiko für Gallensteine, aber auch für einen Vitamin-K-Mangel erhöht, der Blutungskomplikationen nach sich ziehen kann. Weitere Laborwerterhöhungen durch die Cholestase sind bei der γ-GT, GOT und
GPT
zu finden.
Diagnostiziert wird die ICP anhand
erhöhter Gesamtgallensäurewerte
im Serum. Dabei werden während der Schwangerschaft Werte bis 10 µmol/l toleriert.
Die Brisanz der Erkrankung liegt in der deutlich beeinträchtigten fetalen Prognose mit gehäuften Frühgeburten, Problemen mit der Sauerstoffversorgung unter der Geburt und Totgeburten, denn der Übertritt toxischer Gallensäuren in den kindlichen Kreislauf kann zu kardiodepressiven Effekten und akuten Sauerstoffmangel führen. Der Fet kann nämlich die Gallensäuren über den Mutterkuchen nicht wieder eliminieren, sie reichern sich bei ihm an. Das fetale Risiko nimmt bei
Gallensäurewerten über 40 µmol/l
deutlich zu. Deshalb empfehlen sich wöchentliche Verlaufskontrollen der Konzentrationen im mütterlichen Serum. In Terminnähe sollte die Geburt eingeleitet werden. Mit der Entbindung klingt der Juckreiz binnen einiger Tage ab.
Behandelt werden sollte frühzeitig und ausschließlich mit Ursodesoxycholsäure (15 mg/kg/Tag oder gewichtsunabhängig 1 g/Tag, z. B. Udc 250 mg Hartkapseln®), da die Gallensäure als einziges Therapeutikum nicht nur den Juckreiz lindert, sondern auch die Chancen für das Ungeborene verbessert. Das Medikament vermindert die Konzentration der Gallensäuren im mütterlichen Serum und verbessert den Gallensäuretransport über den Mutterkuchen mit der Folge einer verbesserten Gallensäurebalance zwischen Mutter und Kind. Einzige Nebenwirkung sind leichte Durchfälle. Der Einsatz von Ursodesoxycholsäure ist allerdings Off-Label, das Medikament ist dafür nicht zugelassen. Da Ursodesoxycholsäure nicht oder nur in geringen Mengen in der Muttermilch zu finden ist, scheint das Stillen darunter unbedenklich zu sein.
Einzelne Aspekte der Erkrankung werden auch im Kapitel
Leber
noch einmal beschrieben.
Polymorphe Schwangerschaftsdermatose (polymorphic eruption of pregnancy, PEP):Die PEP manifestiert sich typischerweise in den letzten Schwangerschaftswochen oder, bei 15 %, unmittelbar nach der Geburt. Sie tritt auffällig häufig bei Erstgebärenden und Mehrlingsschwangerschaften auf sowie bei exzessiver Gewichtszunahme der Mutter.
Die Ursache ist unbekannt. Vermutet wird ein Zusammenhang mit einer Schädigung der kollagenen Fasern als Folge der Überdehnung des Bindegewebes.
Das klinische Bild besteht aus juckenden
quaddelförmigen Veränderungen, die von Schwangerschaftsstreifen ihren Ausgang nehmen. Die Nabelregion bleibt meist ausgespart. Die Veränderungen streuen rasch auf Gesäß und Oberarme sowie Oberschenkel. In der Frühphase sind quaddelförmige Papeln und Flecken charakteristisch. Im weiteren Krankheitsverlauf findet sich bei mehr als der Hälfte der Frauen ein vielschichtiges Bild mit Bläschen, Erythemen und ekzematösen Veränderungen. Die durchschnittliche Abheilungsdauer liegt zwischen vier und sechs Wochen.
In der Regel genügt die topische Therapie mit Glukokortikoiden (Hydrocortisoncreme) mit oder ohne systemische Antihistaminika. Auf die Entwicklung des Feten hat die Dermatose keinen Einfluss.
Pemphigoid gestationis (PG):Das PG ist eine seltene Dermatose, die vorwiegend in der zweiten Schwangerschaftshälfte oder auch nach der Geburt auftritt. Sie wird wegen des ähnlichen Hautbefundes auch als Herpes gestationis bezeichnet, allerdings sind Herpes-Viren nicht an der Erkrankung beteiligt. Das typische Bild zeigt
pralle Blasen
im Bereich von juckenden quaddelartigen Erythemen. Es manifestiert sich bevorzugt im Bereich des Bauches, einschließlich der
Nabelregion. Die Hautveränderungen streuen meist rasch und können die gesamte Haut befallen. Charakteristisch ist eine Zunahme des Krankheitsbildes zum Zeitpunkt der Entbindung, das therapeutisch durch eine Dosiserhöhung abgefangen werden sollte. Üblicherweise bildet es sich innerhalb von Wochen bis Monaten nach der Geburt zurück. Bei manchen Frauen kann es allerdings weiterhin zu Schüben während der Menstruation oder unter hormonellen Kontrazeptiva kommen.
Für das Ungeborene bedeutet das PG ein erhöhtes Risiko für Früh- und Mangelgeburten. Bei 10 % der Neugeborenen kommt es zu milden Hautveränderungen, die innerhalb weniger Tage und Wochen spontan abklingen.
Ziel der Therapie ist es, Juckreiz und Blasenbildung zu beherrschen, wozu extern Pflegelotionen oder Hydrocortisoncreme, intern Antihistaminika und systemische Glukokortikoide (Prednisolon, initial meist 05,-1 mg/kg/Tag) eingesetzt werden.
Es darf nicht vergessen werden, dass während der Schwangerschaft auch andere Dermatosen auftreten können, etwa eine Skabies (Behandlung mit 5 % Permethrin-Creme am Tag 1 und 8) oder Arzneimittelreaktionen, die nur zufällig mit der Schwangerschaft assoziiert sind.